Vereinsgeschichte

Abschrift einer Niederschrift 1959 von Ernst Retzlaff

Die Insel Helgoland um 1902

Zwischen Spandau-Rust und der Insel Valentinswerder liegt der große Wall, genannt „Helgoland", von der Havel umgeben. Hier verlebten mehrere Segelfreunde mit ihren Booten das „Wochenende", recht oft in froher und lustiger Geselligkeit, das häufig mit Gesang beendet wurde. Neben harmlosen Segelfahrten wurden auch manchmal „fürchterliche" Sturmfahrten mit dem uralten Kajütkreuzer des Sportfreundes Emil Loose zu „Krüger`chen, dem Restaurant an der Havel bei Jörsfelde, hin- und zurück gemacht, von denen manch lustiges und tolles „Ding" zu erzählen wäre.
An einem schönen Sommerabend hatte man den Einfall, einen Club zu gründen, um sich nicht als „wilde Segler" zu bezeichnen. Es waren ja auch bereits sieben Sportfreunde beisammen, die sich für immer dem schönen Segelsport verschrieben hatten.
Am 2. Juli, einem Mittwoch, im Jahre 1902 gründete man nun diesen Club und gab ihm den Namen „ Segel- Club Oberhavel",--S.C.O.H
Die Gründer des Club’s, von denen heute niemand mehr lebt, heißen: Hugo Roder, Gustav Lewark, Heinrich Goldhammer, Otto Siemer, Max Baer, Emil Loose und F. Vietz.
Der „ Verein Berliner Segler", gegründet 1885 in Rauchfangswerder bei Zeuthen, war Pate bei der Gründung; denn einige Kameraden dieses Vereins waren zufällig anwesend, weil sie auf ihrer "Tour" hier auf Helgoland „ Station" machten.
Da es hier auf der Insel beim Restaurateur ein gepflegtes Bier gab, legten einige Spandauer Lehrer des öfteren mit ihren Segelbooten hier an. Daraus wurden gelegentliche Gesangsabende.
Auch diese Segelfreunde gründeten eines Tages „Segelclub Frithjof" auf der Insel Valentinswerder, ganz in der Nähe. Schon nach drei Jahren hatte sich die Mitgliederzahl des S.C.O.H. vergrößert und es wurden nun interne Regatten gesegelt, des öfteren gemeinsam mit dem, heute nicht mehr existierenden „ Segel- Club Union".
In einer dieser Regatten gewann Kam. Karl Rost den von „S.C.Union" gestifteten Wanderpreis.
Vom Verein Berliner Segler" kamen fast jedes Jahr einige Segelfreunde auf ihrer Wanderfahrt nach „Helgoland" mit heran, woraus eine Freundschaft entstand, die bis in die jüngste Zeit, d.h. bis zur Spaltung Deutschlands, dauerte. Als dieser Verein im Jahre 1919 sein 25. jähriges Jubiläum feierte, fuhr der S.C.O.H: mit 28 Booten im Schlepp eines Dampfers nach Rauchfangwerder zur „Jubiläumsregatta".
Bei dieser Gelegenheit wurde dem V.B.S. eine Modellyacht (55qm- Schärenkreuzer) als Geschenk überreicht, welche noch heute das Clubheim des V.B.S. schmückt, wie mir Sportfreund Richard Schröder, Mitglied dieses Vereins, vor kurzem bestätigte. Zu dieser Schleppfahrt ist noch zu erwähnen, dass sie bei strömenden Regen vonstatten ging, dabei drohte der Flossenkieler des Kam. Karl Rost unterwegs abzusaufen. Deshalb musste er, mit dem Kam. Willi Schwister sich ablösend, während der ganzen Fahrt pumpen, um das Boot über Wasser zu halten.
In einer denkwürdigen Clubsitzung im Jahre 1919 wurde der starke Wunsch vorgetragen, unseren Club-Stander zu ändern und zwar die Farben schwarz-weiß- rot durch eine andere Farbenzusammenstellung (evtl. auch in anderer Zeichnung) zu ersetzen.
Die Deutsche Reichsflagge schwarz-weiß-rot wurde im Jahre 1918 umgewandelt in Schwarz–rot–gold.
Deshalb glaubte man, auch unsere Farben ändern zu müssen. Man konnte sich nicht einigen, deshalb beauftragte mich der Vorstand, bis zur nächsten Clubsitzung mehrere Entwürfe anzufertigen, über die dann lebhaft diskutiert wurde. Durch geheime Abstimmung mit nur wenigen Stimmen Mehrheit, kamen wir zu dem Resultat, unseren schönen Stander in seiner bisherigen Art zu behalten!
Während bisher die Kameraden des S:C.O.H. ihre Boote in der Umgebung des Tegeler See’s zu liegen hatten, siedelten mehrere zur Malche über, wo dann die Boote an der Boje lagen. Vom Sonnabend zum Sonntag verlebte man meist entweder auf „Helgoland" oder am „Kaiserpavillon"- Tegel- Malche bei lustig durchzechter Nacht, selten ohne Gesang!
Da damals in der Nachkriegszeit um 1920 in der Malche Diebstähle an der Tagesordnung waren, mussten wir eine Doppelwache einführen. Zum Schutz hatte man irgendwoher einen Militär- Karabiner „organisiert", der scharf geladen war.
Als wir dann später in der „Waldhütte" beim Gastwirt und Clubkameraden Oswald Karius, der heute nicht mehr lebt, einen Raum zur Miete bekamen konzentrierte sich das Clubleben nach hier, zumal inzwischen unsere „Flotte" sich vergrößert hatte und demzufolge auch viele Mitglieder gewonnen wurden.
Später bauten wir uns hier in der Malche einen Schwimmsteg in Gemeinschaftsarbeit-im Jahre 1920.
Jetzt entwickelte sich ein frohes und unbeschwertes Club und Stegleben. Gemütliches Beisammensein war gelegentlich Wochentags, Sonntags unbedingt! Im Winter gab’s nur eine Parole: hinaus nach Tegel zur „Waldhütte"!
Früher fanden unsere Club- Sitzungen an jedem zweiten Dienstag im Marinehaus, Brandenburger Ufer 1 statt, später, von 1918 ab wurden sie in den Germania-Sälen in der Chausseestr. abgehalten.
Sämtliche Termine des Clubs, Sitzungen, Vergnügen, Regatten u.s.w. mit Mitgliederverzeichnis wurden alljährlich in einer „Jahreskarte" festgelegt_ und alle Mitglieder hielten sich daran, was zur Folge hatte, dass sämtliche Veranstaltungen des Club’s immer vollzählig besucht wurden!
Alljährlich wurden drei Regatten „gefahren", mit viel Begeisterung! Schon Wochen vorher war das- das Unterhaltungsthema! Auch Sturm-Regatten wurden gesegelt, bei welchen einmal fünf Boote gekentert waren. Die Jolle der Kameraden F. Eller und W. Schubert ging schon vor dem Start „ zu Bach".
Im Jahre 1921 schlossen wir uns, durch den V.B.S." dazu bewogen, dem „Deutschen Segler-Bund" an, um an den offenen Wettfahrten teilnehmen zu können, wovon recht zahlreich Gebrauch gemacht wurde.
Auch an den Haff-Regatten vor Cammin anlässlich des Bundestages nahmen viele Kameraden teil.
Fast jedes Jahr zum Pfingstfest wurde eine „Fernfahrt" von Tegel zur Unterhavel gemacht.
Jedes Jahr im Sommer feierten wir unser „Waldfest" auf der großen „ Waldwiese" in Papenberge mit Musik, Tanz und allerlei Spielen für „Groß und Klein".
Ein großes Hoffmann’sches Motorboot stand dann zur Verfügung, um noch etwa hundert Gäste heranzubringen. Ein Ponton, vollbeladen mit Bier, Schnaps, Würstchen, Scherzartikel und allerlei Geschenk-Überraschungen, wurde mitgeschleppt!
Derartige Sommerfeste sind heute, in dem großen Rahmen nicht mehr möglich, weil ein so großer Platz- und auch die Unbeschwertheit von damals fehlt.
Ebenso die „Wintervergnügen", Kostümfeste und Maskenbälle in den „ Germania-Prachtsälen", bei denen wir oft eine Besucherzahl von 800 Personen buchen konnten. Befreundete Club’s mit ihren Gästen machten diese Bälle mit,weil bei S.C.O.H. immer „was los war", wofür unsere Vergnügungs-Obleute Hans und Bruno Duchstein immer sorgten!
Hin und wieder fanden im „Hochzeits-Saal" der „Germania-Säle", und zwar Sonntags im Winter, „Sitzungen mit Damen" statt, die nicht als ordentliche Clubsitzung, sondern als gemütliches Beisammensein aufgezogen wur-den. Gelegentlich einer Pfingstfahrt von Tegel zur Unterhavel nach Krampnitz, die als Schleppfahrt dorthin ging und am damaligen „Königsgrätzer Garten," heute Siemens Ruderverein, endete, um die Boote segelklar zu machen, wo wir auf der Rückfahrt auch wieder „Station" machten, entschlossen sich einige Kameraden, hier zu bleiben, zumal seitlich der Veranda am Wasser zum Stössensee ein fester Steg war, den der W.B.I.- Verein "Unterhavel „ zurückgelassen hatte.
Dieser „ W.B.I."- Verein, der dem Wettsegelverband „ Berliner Jollensegler" angeschlossen war, ging später in den B.K.V.(„Berliner Kleinsegler-Verband" über- und dann endgültig in den D.S.B.
Dieser W.B.I.-Verein hatte sich in Weinmeisterhorn niedergelassen mit ihrem Vorsitzenden Bruno Thomas, meinem Freund.
In dieser Veranda haben wir manche schöne Sommernacht durchzecht und unser „ Caruso", Kamerad Otto Griebel hat mit seinen Gesangs-Vorträgen uns diese Abende und Nächte verschönt.
Hier lagen wir mit unseren Booten von 1920-1921. Mit dem Gastwirt Herrn Klein standen wir auf Du und Du! Aus den Beständen der zerfallenen Kegelbahn bauten wir uns auf der heutigen „Badewiese" einige Buden, um das Segel- und Bootsmaterial unterzubringen. Mehrere Kameraden schliefen auch darin. Kam. Felix Hirschfeld nahm immer seinen Revolver mit in seine „Falle" - für alle Fälle! - Er war übrigens das wandelnde „Seefahrer-Lexikon".
Im Herbst brachten wir unsere Boote auf „Baumrollen" hier auf der „Badewiese", auf der damals das Baden polizeilich verboten war, auf „Winterlager. Der Kajütkreuzer des Kam. Felix Hirschfeld wurde sogar ohne „Slip", den wir ja nicht hatten, heraufgeholt. Ein waghalsiges Unternehmen, das aber immer gut ging.
Einmal mussten wir in dem erwähnten" Pavillon"(Veranda) alle bei furchtbarem Unwetter übernachten, was unserem alten Kameraden, Papa Jaenicke, dem ollen Seefahrts-Kapitän nicht gut bekommen ist.
Unser zweiter Vorsitzender Kam. Emil Laskowski, der hier im Hause ein Zimmer bewohnte, führte mit dem Gastwirt Herrn Klein Verkaufsverhandlungen, weil dieser gern wieder in seine Heimat, dem Elsass, übersiedeln wollte und deshalb das Grundstück billig verkaufen wollte.
Unser Emil Laskowski, der „schöne Emil" war aber so unvorsichtig, sich mit der Frau Klein in Flagranti von dem Herrn Gemahl, Herrn Klein ertappen zu lassen. Damit zerschlug sich der Kauf für uns. Die Scheidung wurde eingeleitet und das Grundstück übereilt an Siemens ganz billig verkauft.
Das war jetzt für uns eine schwierige Situation, zumal wir hier auf der schönen Havel bleiben wollten. Nach Tegel wollten wir jedenfalls nicht wieder zurück.
Durch den Kameraden Albert Granowski tauchte eine neue Grundstücksfrage auf . Ein großes Wassergrundstück mit Haus, Schuppen und Steg an der „Scharfen Lanke" neben der Bootswerft Kriegermann war zu äußerst günstigen Bedingungen zu verkaufen.
In einer Clubsitzung wurde eine Kommission, bestehend aus sechs „Kameraden", gewählt, die den Kauf tätigen sollte. Nachdem alle sechs Mitglieder ihren Austritt aus dem Club erklärten, erfuhren wir, dass sie das Grundstück für sich gekauft hatten.
Diese „Herren" die uns in so hässlicher Art getäuscht hatten, gründeten eine G.m.b.H. als „Segelclub Unterhavel".
Die Einigkeit war aber nicht von langer Dauer; denn unrecht Gut gedeihet nicht! Einer nach dem anderen zogen sie sich zurück aus diesem Konsortium und ließen sich auf Weinmeisterhorn neben der „Naglo-Werft", heute „Lanke- Werft," nieder. Dort gründeten sie dann von neuem den Segel-Club Unterhavel,", der sich schnell vergrößerte.
Im gewissen Sinne ist dieser Club aus dem S.C,O.H. hervorgegangen.
Ähnlich verhält es sich auch mit der "Segler-Vereinigung Havel." Dieser Verein wurde von unserem Kam. Fritz Trinkwitz, der in Schildhorn wohnte, beim Gastwirt Schröder, als „Segelclub Albatros" gegründet. Da hier in Schildhorn aber keine Ausdehnungsmöglichkeit bestand, siedelte man zur Heersstraßenböschung über und taufte den Club um in „Segler-Vereinigung Havel", wo er heute noch liegt, aber auch wieder keine größere Ausdehnungsmöglichkeit hat. Auch der Segel-Club Spandau"(Spandauer Segel-Club?) ist von einem Kameraden des S.C.O.H. gegründet worden.
Der Kam. Emil Gericke, der in Spandau wohnte und mit seinem Boot „Neck" am Steg des „Segler-Club Tegelsee, der nach Boxfelde in der „scharfen Lanke" verzogen war und sich später umtaufte in „Spandauer Yacht-Club", lag, hatte sich mit mehreren Sportseglern angefreundet. In diesem ehemaligen Clubheim, das jetzt öffentliches Restaurant war, wurde dann der obige Club unter Vorsitz meines Freundes Emil gegründet.
Es wurde alsbald eine Regatta gesegelt, diese zu leiten ich zugesagt hatte, da ich Emil das nicht gut abschlagen konnte.
Zurück nun zu unserer schwierigen Lage am Stößensee.
Mehrere Herren von Siemens besichtigten das soeben erworbene Grundstück des „Königgrätzer Garten" und ließen durchblicken, dass wir bis zum Umbau, den die Sportverwaltung vorhatte, noch hier am Steg bleiben könnten. Einstweilen zwar ein kleiner Trost, aber was dann?
Unsere humorvollen und optimistischen Vergnügungsobleute Gebrüder Duchstein versuchten nun beim Forstamt und auch beim Wasserbauamt, das nebenanliegende Brachland in einer bestimmten Größe als Anlegeplatz für unsere Boote zur Miete zu bekommen.
Diese Bemühungen, gewissermaßen der Gang nach „Canossa", dem ich mich einige Male anschloss, waren zunächst ohne Erfolg, da der Pichelswerder "Dauerwald" wäre, wie man uns sagte.
Da wir aber durchaus hier in der Gegend bleiben wollten, gaben wir den „Kampf„ nicht auf. Durch die Kam. Emil Gericke und unseren Tenor Otto Griebel immer wieder „angefeuert", wurde immer noch mal bei den genannten Ämtern versucht, was zu erreichen.
Nach fünf-oder sechsmaligen Versuchen und Hinausbitten zum Stößensee, um den „Fleck am Wasser" zu besichtigen, dem ein „Hoher Herr" vom Forstamt auch nachkam, hatten wir nunmehr doch erreicht, dass man mit uns einen Pachtvertrag auf fünf Jahre abschloss.
Mit „Pauken und Trompeten" hatten wir unseren „Kampf", der aussichtslos schien, nun doch gewonnen! Dass er gut „begossen" wurde- bei Mund’s- war nach diesem Erfolg fast eine Selbstverständlichkeit!
In einer sofort einberufenen Vorstands-Sitzung wurde von dieser „neuesten Tatsache" Kenntnis genommen und ein „Drahtzaun" „genehmigt", den wir dann in Gemeinschaftsarbeit einige Tage danach bauten.
Am nächsten Sonntag war die feierliche Einweihung durch unseren damaligen Vorsitzenden Emil Geisler.

Spätsommer 1922

Eine „Laufplanke" mit ein paar Pfählen, die wir uns von der zerfallenen Kegelbahn holten, bauten wir zum Anlegen für zunächst drei Boote! die übrigen Boote wurden einstweilen in der Scharfen Lanke untergebracht und auch in Schildhorn.
Ein Clubheim bauen war jetzt der nächstliegende Gedanke, zumal sich die Kameraden Karl Gerhard und Henry Ziffer bereit erklärten, mehrere Millionen Mark zu stiften!
Dieser Betrag erscheint heute „etwas" unwahrscheinlich, aber man muß bedenken, dass wir uns damals in der tollsten „Deutschen„ Inflation befanden, die erst im Oktober 1923 ihr Ende nahm bei einem Dollarstand von 4,2 Billionen Reichsmark!
Trotz der beängstigenden Abwertung unserer Deutschen Mark wurde der Bau in einer Clubsitzung „genehmigt" und die „die Zeichnung" von „Bausteinen" beschlossen, wonach jedes Mitglied mehrere tausend Mark „zeichnen" musste.

Nach diesem, von mir entworfenen, Original wurden über hundert Exemplare sofort gedruckt- und ausgegeben- gegen Zahlung des festgesetzten Betrages!
Ein zweistöckiges Clubhaus wurde geplant und der Bau sogleich einer Baufirma in Auftrag gegeben, die auch anschließend mit den Bau-Arbeiten begann.
Als der Bau bereits über einen Meter hoch gediehen war, kam unser Vorsitzender Emil Geisler ganz aufgeregt mit der Verfügung von der Forstverwaltung, wonach wir sofort den Bau wieder abreißen mussten.
Er beschwor uns, das sofort zu tun; denn er möchte nicht für das verbotene Bauen in diesem „Dauerwaldgebiet" etwa ins Gefängnis gehen. Er war eben sehr ängstlich. –„Schade!
Als wir eines Tages den Förster trafen, da meinte der, dass wir nur ruhig hätten weiterbauen sollen, wir hätten laut §" so wie so"- wegen unerlaubten Bauens 100 Mark Strafe zahlen müssen! Spaß- bei dem Dollarstand etwa der Wert einer „ Schrippe". Dieser „gute Rat" kam leider zu spät, die Maurer waren zurückgezogen worden und wir waren „fleißig" schon beim Abreißen. Gern taten wir das nicht!
Ein neues Projekt wurde beschlossen und zwar ein Holzhaus in der Größe 6x6 Meter, das vom Forstamt ohne weiteres genehmigt wurde.
In Gemeinschaftsarbeit bauten wir nun unser Clubheim auf dem Fundament, welches wir nicht abgerissen hatten. Im Raum brachten wir „Kleiderhaken" für unsere Garderobe an, besorgten Tische und Stühle, so dass es einigermaßen „gemütlich „ wurde.
Es war unser erstes eigenes Clubheim!

-1924-

Da unser „Steg", die bewusste Laufplanke nicht mehr ausreichte, gingen wir daran, einen größeren und stabilen Steg zu bauen in Gemeinschaftsarbeit vom Eise aus- mit einer selbstangefertigten "Ramme".
Einige Jahre später bauten wir dann den zweiten Steg- neben Siemens Ruder-Verein.
Der Stössensee war damals noch recht klein.

Diese Brücke versperrte den größeren Teil des Stössensee’s. Ein Ruderboot konnte evtl. drunter durchfahren.
Visavis von uns lag der „Club am Rupenhorn", von wo die Brücke zu dem „Brückenkopf" führte, auf welchem heute der „"Segel-Club FrithJof liegt. Benutzung fünf Pfennig, als die Heerstraßenbrücke noch nicht vorhanden war, die etwa in den Jahren 1904-07 auf Befehl des letzten Kaisers erbaut wurde. Bei dem Bau der Böschung ist ein ganzer, mit Sand beladener Zug versackt im Sumpf und niemals gehoben worden.
„Karo Ass", so nannten wir den uns gegenüberliegenden Club wegen seinem Stander mit dem roten Karo!
Um in diesem Club Mitglied zu werden, der übrigens dem „Freien Segler-Verband" angeschlossen war, musste man nachweislich gewerkschaftlich und sozialdemokratisch organisiert sein. Zu diesem Club, obgleich ganz in unserer Nähe, hatten wir keinerlei Beziehungen.
Der Weg zu unserem Clubgrundstück war recht unbequem. Man musste auf dem Lehrter Hauptbahnhof umsteigen zum Zuge nach Spandau- bis Bhf. „Pichelsberg" fahren und zu Fuß den Weg zum Club machen, der etwa 35Minuten dauerte.
Abends und oft spät in der Nacht war der Weg umgekehrt mit dem Unterschied,dass wir alle Kameraden geschlossen als große Kolonne, oft mit Gesang und manchem Spaß zum Bahnhof „Pichelsberg"marschierten.
Die ganze Sachlage" änderte sich fast schlagartig, als der 94-jährige Gastwirt Rackwitz seine „"Sechserbrücke"auf höhere Anordnung abreißen lassen musste- und die Strassenbahn der Linie „75" vom Zoo bis Spandau durchfuhr.
Dadurch wurde der Pichelswerder und die Umgegend des Stössensee’s von Ausflüglern, „Badegästen" und auch von recht fragwürdigem Gesindel belebt, welch letzteres sich Zelte baute oder sonst wie herumtrieb. Obdachlose und polizeilich gesuchte waren darunter, sodaß wir aus Sicherheitsgründen eine Mitglieder-Wache, bewaffnet mit einer schweren Browningpistole, stellen mussten auf die Dauer von zwei Jahren.
Im Jahre 1927 feierten wir in Verbindung mit einer Jubiläums-Regatta auf dem Tegeler See unser 25-jähriges Bestehen des Club’s mit 32 Booten und einer Mitgliederzahl von 65 Kameraden und 22 Jungleuten. (unsere „Flotte" bestand aus 43 Segelfahrzeugen.)"
Die Mitgliederzahl „Stössensee"-„Tegel" war jetzt fast gleich. Doch gab es in unseren Clubsitzungen oft recht hitzige Auseinandersetzungen, wenn die Abteilung „Stössensee" Gelder genehmigt haben wollte für dringende Anschaffungen.
Da sich diese unangenehmen Dispute auch in den folgenden Sitzungen sich immer wieder entfachten, wuchs allmählich die Stimmung für eine Trennung der beiden Abteilungen, zumal der Unterhalt für unsere Abteilung „Stössensee" etwa die Hälfte ausmachte im Gegensatz zur Abteilung „Tegel".
In einer besonders einberufenen" General-Versammlung" in Tegel beim Restaurateur und Clubkameraden Gustav Lewark, in der es sehr erregt zuging, wurde durch geheime Wahl mit einer Stimme Mehrheit, und zwar die des Kam. Hans Vielehr, „für Segel-Club Oberhavel" am Stössensee entschieden.
Das war im Jahre 1929.
Wir mussten uns nunmehr trennen!
Die in Tegel verbliebenden Kameraden gründeten nun den „Segel-Club Malche", der 1945 zerstört wurde und sich auflöste.
Das gesamte Clubmaterial mit dem vom Kam. Brutus Buchmann gestifteten Flaggenmast, der noch heute auf unserem Clubgrundstück steht mussten wir an einem Sonntag auf einem großen Lastauto von Tegel zum Stössensee schaffen lassen.
Die Slipanlage mit Winde, welche früher auf „Helgoland" benutzt wurde, aber schon längst in Tiefwerder bei Hermann und Wiese lagerte, musste zum Clubgrundstück gefahren werden in einem Pram, der kurz vor der Ankunft im Absinken begriffen war. Das sofortige Abladen des Materials war eine nasse Angelegenheit bei dem kalten Herbstwetter. Bis zum Knie standen wir im Wasser des Prams. Erkältet hat sich niemand, dafür sorgte der Alkohol!
Bisher mussten wir unsere Boote im Herbst auf „Baumrollen" hochziehen zum „Winterlager", jetzt taten wir das mittels Slipwagens, den Kam. Karl Rost gebaut hatte. noch heute tut dieser Wagen seine Dienste, lange Jahre mittels Handwinde, seit 1959 mit elektrischem Antrieb!
Bei Hochwasser war es nicht so ganz einfach, trockenen Fußes das Grundstück resp. den Eingang zum Clubheim zu erreichen, deshalb beschlossen wir, den „Strand" anzuschütten.
Durch Zufall erfuhren wir davon, dass ein Kahnschiffer seine Kahnladung „loß „ sein wollte, der dann so viel Sand brachte, dass wir nun ein größeres Grundstück zum Wasser hin hatten.
Später bauten wir in Gemeinschaftsarbeit ein festes Bollwerk.
Als dann mehrere Jahre später unser damaliger Vorsitzender Richard Haesecke es fertig brachte, das Grundstück auf das Doppelte zu vergrößern, wie es heute noch ist, da benötigten wir abermals eine Kahnladung Sand und Schutt, die wir auch bald bekamen.
Ein Holzzaun war längst gebaut worden in Gemeinschaftsarbeit, der jetzt in der gleichen Weise verlängert werden musste.
Im Jahre 1930 bauten wir, auch wieder in Gemeinschaftsarbeit, neben dem Clubheim, manchmal nannten wir es „Clubheimbude", einen neuen Schrank- und Umkleideraum mit Kabine für Geräte etc..
in dieser letzteren richtete sich Kam. Gustav Koslowski „wohnlich" ein, zumal er als Clubwart ständig im Sommer draußen wohnte.

Er besorgte für uns Bier und auch den „Köm" und hielt alles auf dem Grundstück in bester Ordnung. Sein Schlafplatz war in seinem „Boot mit Hilfsmotor". Das Clubleben entwickelte sich weiter mit einer frohen Geselligkeit, wozu nicht zuletzt unser Vorsitzender Kam. Rich.Haesecke beitrug und dann wohl unsere schönen Sommerfeste wie „Strandfest an der Havel" oder „eine Nacht in Monte-Carlo" usw.
Auch eine Jungmannschaft wuchs heran mit großen Leistungen und Erfolgen auf dem Wasser, beim Waldlauf, Turnen und Schwimmen unter der Leitung des Kameraden Otto Dohms und später Kam. Paul Schulz.
Sie war die größte im „Deutschen Seglerbund".
Favoriten, wie Heinz Sperling und Seefeld gingen aus ihr hervor, wie auch der seinerzeitige „Deutsche Segelmeister" Paul Feist, der ein fanatischer Regatta-Segler war!
Mehrere Kameraden pflegten die Wandersegelei in unseren schönen Märkischen Wasser-Landschaften.
Auch für das See- Segeln interessierten sich einige Kameraden.
Der Kamerad Felix Hirschfeld machte mit seinem kleinen seetüchtigen 30qm- Kreuzer mehrere Seefahrten ohne Mitsegler! Eine davon ist deshalb erwähnenswert, weil die Hafenpolizei in Kopenhagen nicht glauben wollte, dass er die Fahrt von Deutschland nach Kopenhagen allein gemacht hatte.
Es wurde eine „gründliche" Durchsuchung seines Bootes vorgenommen, ob sich nicht doch ein zweiter oder dritter Mann versteckt hat. Anschließend ein langes „Verhör" mit „Kreuz und Querfragen" auf dem Hafen-Polizei-Amt.
Mit einem „Verweis" durfte er dann nach einer Woche wieder die Rückfahrt nach Deutschland antreten -allein-!
Unser Kam.Fritz Trinkwitz, der bisher viele Wanderfahrten im Binnenlande gemacht hatte, bekam Lust, auch mal die "Nase" in See zu stecken.

Da er aber noch keine „See-Erfahrung" hatte, nahm er sich einen „Kapitän" mit, unseren Kam. Felix Hirschfeld, der das Patent für „Schiffer auf kleiner Fahrt" hatte.
Mit einem kleinen Jollen-Kreuzer 4,20x1,50m riskierten sie beide die weite Fahrt von Schildhorn nach Göteborg, die ihnen hin und zurück auch gelungen ist. Sie hielten sich nach Möglichkeit immer in der Nähe der Küste; denn einen größeren Sturm hätten sie wohl auf der offenen See nicht durchgehalten.
Nach dem beigefügten Entwurf, von mir, ließen sie sich größere Anzahl Postkarten drucken, um sie auf der langen Reise in jedem Hafen, den sie „anlaufen" wollten, zu verkaufen. Der Absatz war recht gut, reichte aber zur Finanzierung des Unternehmens nicht aus.
Etwa zwei Jahre später unternahmen diese beiden „Seeleute" wieder eine Fahrt, gewissermaßen als Attraktion, auf einem,, auch von mir entworfenen Jollenkreuzer mit den kleinen Abmessungen von 3,80x1,70m- von Schildhorn nach Kopenhagen.
Es war im Jahre 1923 der tollsten deutschen Inflation.
In Travemünde, dem letzten deutschen Hafen, kauften sie noch den letzten Proviant für das „letzte Geld" und stellten fest, dass sie durch die Entwertung der Deutschen Mark buchstäblich arm geworden waren.
Umkehren hätte keinen Sinn gehabt, weil sie auf der langen Rückfahrt nach Schildhorn verhungert wären, da sie ja keine Lebensmittel mehr kaufen konnten.
Also dann lieber das „kleinere Übel", den Seetörn nach Kopenhagen riskiert; denn diesen Weg würden sie mit den vorhandenen Lebensmitteln noch „durchstehen".
Der Dollarstand war an dem Tag der Abfahrt von Travemünde am 1.August 1923=1102750 deutsche Mark- für einen Dollar.
An einem späten Nachmittag kamen sie in Kopenhagen an und hissten am Mast die Deutsche Reichsflagge und legten sich zum Schlafen nieder.
Als sie am Morgen dann am Kai im Hafen die vielen Polizisten stehen sahen, bekamen sie es mit der Angst. Erst als diese sich allmählich wieder „verzogen „ hatten, getrauten sie sich, an Land zu gehen. Dann klärte sich der Schreck auf.—Nämlich, in der „Kopenhagener Morgenzeitung" war ein großer Zeitungsartikel, in dem unter anderem zu lesen war-----„seht es euch an das kleine Boot mit der großen Deutschen Flagge, das von Deutschland herübergekommen ist."
Das hatten die Polizisten auch gelesen und da sie dort im Lande die neugierigsten Leute sind und außerdem die meiste Zeit haben, so waren sie die ersten, um sich die „Sache" anzusehen.
Im Laufe des Tages und auch der nächsten Tage kam noch viel „Publikum", um die „Sehenswürdigkeit" zu besichtigen eben auf Grund des Zeitungsartikels, den ich später selbst, in’s Deutsche übersetzt, in der mitgebrachten Zeitung gelesen habe. Auch einige prominente Herren des „Königlichen Dänischen Yachtclub"s kamen zur Besichtigung und luden beide "Seeleute" in ihren Club ein für eine Woche mit voller Verpflegung.
in Dänemark wusste man natürlich von der Deutschen Inflation und konnten sich auch erklären, dass die beiden Sportfreunde dadurch jetzt arm geworden waren und deshalb der Hilfe bedurften! Man zeigte ihnen alle Sehenswürdigkeiten der Stadt und auch der näheren Umgebung, wobei natürlich das interessante "Tivoli" nicht vergessen wurde .Da beide keine Alkoholfreunde waren, machte ihnen der schwere Wein an den Clubabenden" einige Sorgen"--! Da sie total mittellos waren, konnten sie die Rückreise nur noch vornehmen, indem sie das Boot verkauften; denn die dänischen Kronen waren Wertbeständig!
Einige Interessenten drängten sich gewissermaßen auf und überboten sich im Preis, um das Boot zu kaufen.
Mit einem Dampfschiff ging’s dann zurück nach Deutschland.
Mehrere Jahre später hatte Kam. Fritz Trinkwitz wieder mal die Idee, einen „Seetörn" zu machen.
Er hatte bereits ein, von mir gezeichnetes, Ausleger-Kanu mit den Abmessungen 5,00x 1,40m mit 8qm Segelfläche. mit diesem und einem bekanten Mitsegler an Bord wollte er die Reise von Schildhorn nach Amsterdam machen; was eigentlichein gewagtes Unternehmen mit dem kleinen Boot war, zumal beide Schiffer kein Patent für „Schiffer auf kleiner Fahrt„ hatten. Man muß sich deshalb wundern, dass die Hafenbehörde das Boot hinausgelassen hat- auf das offene Meer.
Bei einer solchen Fahrt in der Nordsee muß man auch an Ebbe und Flut denken, ganz besonders, wenn man das Wattenmeer durchfährt! Ganz in der Ferne war bereits Amsterdam in Sicht, als die Ebbe das Boot trocken fallen ließ. Nun hieß es Warten"—auf die Flut!

Man vertrödelte die fünf bis sechs Stunden mit allem Möglichen und machte Foto –Aufnahmen, von denen ich eine abgezeichnet habe.
Nach etwa achttägigem Aufenthalt in Amsterdam wurde die Rückfahrt angetreten, aber bei einsetzender Flut! Sie sind beide wohlbehalten wieder in Schildhorn gelandet, wo Kam. Fritz Trinkwitz seit 25 Jahren wohnte. Später lebte er auf einem Hausboot am Stössensee und in Gatow, wo er auch sein Leben mit 67Jahren beendete, welches als Sohn des Club-Warts Karl Trinkwitz im „Verein Seglerhaus am Wannsee" seinen Anfang nahm. An der Havel geboren- an der Havel gestorben.
Erwähnen müssten wir noch den Kam. Karl Rost, welcher als Steuermann, mit Schulungskursus für „Schiffer auf kleiner Fahrt", die von mir entworfene 75qm-Kreuzeryacht "Cobra" des Kam. Albert Granowski auf mehreren „See-Wettfahrten, einige Male bei schwerem Sturm, zum Siege führte.
Auch hier auf unserer Havel wurden von mehreren Kameraden kleine Bravourstücke vollbracht- manchmal mit Kentern und manches "Mal auch mit „Angabe"..Darin war Kam. Karl Gerhardt"ganz groß"mit seinen sogenannten Mullekenfahrten.
Von einem „kleinen Bravourstück", das mich betrifft, wollte ich eigentlich hier nichts erwähnen, doch Kam. Herbert Wilke meint, dass das mit in die Geschichte des Clubs gehört;
An einem Montag-Vormittag im Sommer 1932 wurde im Club allgemein Segel getrocknet, während draußen auf der Havel ein schwerer Westwind tobte- mit einem Wellengang, wie wir ihn selten erlebten.
Kam. Paul Schulz kommt den Steg entlang und meint, dabei „flachsend", dass das ja das richtige „Windchen" wäre für meine „Sturmsegel".- „Aber nur, wenn er mitmache," erwiderte ich ebenfalls flachsend. Was ich nicht erwartet hatte, er sagte zu, aber nicht im Spaß! _-Kam. Karl Schütte hört das – und will durchaus mit „von der Partie" sein!
Ich hatte zwar Bedenken für dieses verrückte Beginnen, heißte aber denn doch die Sturmsegel vor, um nicht „Feige" zu sein, wie man sonst „geflachst" hätte.
Unser Jungmann Herbert Wilke kommt angerannt mit der Bitte, ihn doch mitzunehmen. Da im Cockpit, kleiner Raum bei einem 15qm Jollenkreuzer, kein Platz für einen vierten Mann ist, steigt er in das Luk im Vorschiff.
Kam. Paul Schulz hing sowieso auf dem Kajütdach mit den Beinen im Schiebeluk.
Als wir dann hinausfuhren, rannten mehrere Sportsfreunde vom „Verein Spandauer Jollensegler" im Eilmarsch zur Badewiese, um nun einen „sterben" zu sehen; denn bei dem Wetter fährt nur ein Verrückter raus!
Wir riskierten nur einen „Schlag" und rauschten zurück, um im Windschatten hinter „Siemens" das Vorsegel zu bergen. Es war noch zuviel „Zeug".
Nun noch einmal hinaus mit nur 8qm Großsegel, das als schmales Sturmsegel mit 2,00m Großbaumliek „gebaut" war.
Drei oder vier „Schläge" wurden nur gemacht, aber die hatten es in sich! Schildern kann man es nicht, das kann man nur erleben!
In rasender Raumschot- Fahrt ging’s zurück in unseren schönen, ruhigen Hafen! Wir waren total durchnässt und auch das halbe Großsegel. Ganz besonders tat uns unser Herbert Wilcke, der vorn im Luk saß und die schweren Brecher „aus erster Hand„ bekam.

Er war so „abgekühlt" worden und fror, trotzdem meinte er, dass es ganz wunderbar war.(der Wetterdienst registrierte 14-18 Sekm. der tolle Nervenkitzel war vorrüber und „hoben „ wir jetzt" einen"!
Die Sportfreunde vom „Verein Spandauer Jollensegler" kamen zurück und schilderten ganz begeistert das „dolle" Ding. Die Brecher hätten immer fast das ganze Boot „zugedeckt", sodass nur das Segel zu sehen war. Sie bedauerten nur, in der Eile den Foto- Apparat vergessen zu haben. Nach deren Schilderung habe ich ein Aquarell gemalt, um" das Ding" für die Beteiligten festzuhalten. Es hat jahrelang unser Clubheim geschmückt, bis es 1945 gestohlen wurde.
In dem selben Jahr beteiligten wir uns mit mehreren Booten an den Bundes- Regatten auf dem Müggelsee, an denen einige Vereine der Gruppe Havel teilnahmen. Ein Dampfer brachte den großen Schleppzug durch Berlin über Mühlendamm-Schleuse zum Sporthaus am Müggelsee. In der Woche vor der Rückfahrt im Schleppzug tobte ein schwerer Oststurm, der mehrere Boote vom Anker losriss und stark beschädigte.
Mit diesen 2Schiffergeschichten" bin ich zwar eigentlichen Thema abgewichen, aber sie durften wohl nicht unerwähnt bleiben, zumal viele Kameraden des Club’s von diesen Fahrten wissen.

1932 feierten wir 30 jähriges Bestehen des S.C.O.H. mit einer „Pokal- Regatta,, nach welcher wertvolle Preise an die Sieger verteilt wurden, wie auf dem Foto ersichtlich ist.
Das Sommerfest wurde in diesem Jahr besonders „Pompös" aufgezogen mit „einer Nacht in Monte Carlo, zu dem ich ein Riesengemälde mit der Landschaft der Franz.-Reviera gemalt hatte als Hintergrund-Panorama für unseren Pariser „Tanzboden", den wir vorher noch schnell „gebaut„.hatten. Das Panorama war 3,00x4,00m groß, in Wasserfarben! Im nächsten Jahr, dem Beginn des „tausendjährigen" Reiches kam eine große Umwandlung in das Clubleben, das fast untergraben wurde—durch die neuen „Bestimmungen".
Das „Führerprinzip" wurde eingeführt, einen „Dietwart" hatten wir und manches, unangenehmes „Getue"etc.- eben alles auf „höreren Befehl" eines Reichssportführers von Tschammer und Osten.- Mein Gruß war nicht „Heil Hitler", sondern nach wie vor „Guten Tag,Leute"!, was unseren 2. Vereins „Führer" immer sehr in Harnisch brachte und mir einen „Verweis" nach dem anderen.
Ich möchte diese Zeit hier schnell übergehen, weil sie vieles in sich hatte, woran ich mich nicht gern erinnere.
Der „Seglerbund", dem der S.C.O.H. angehörte, wurde aufgelöst und wir gehörten nunmehr zum Deutschen Segler-Verband", trotzdem der „Seglerbund" auf allen Gewässern eine große „Demonstrations-Auffahrt" mit allen Segelbooten aufzog.
1939 kam der Krieg mit allen seinen Schrecken und Entbehrungen, mit seinen Bombennächten- und Tagen etc.
Eines Tages, in der Nacht, vernichtete eine amerikanische Bombe unser Clubheim und mehrere Boote teilweise und einige Boote total, von einem wurde nichts mehr gefunden. Ein riesiger Trichter war geblieben, das halbe Ufer war verschwunden. Es sah trostlos auf unserem Grundstück aus. Die schöne Segelei ruhte, auch meinerseits; denn mein Boot war schon im Winterlager in Boxfelde 1943 durch engl. Brandbombe verbrannt.
Das war nun das Ende des Clublebens.
Der Krieg ging am 1.Mai 1945 zu Ende und waren nun die Russen die „Herren der Lage", die sofort an die Beschlagnahme der Segelboote gingen. Kam. Carl Meitzas 30qm- Flossenkieler gehörte dazu- für immer; denn er hatte ihn nie wiederbekommen.
Kam. Herbert Wilke und Kam. Hans Kruth ging es fast ebenso, wenn sie beide nicht auf die Suche" gegangen wären.
Der 20qm Jollenkreuzer" Unda" lag in Tegelort, den sein Besitzer geistesgegenwärtig und mit Bravour wieder zum Stössensee brachte.
Bei dem 30qm- Flossenkieler des Kam.Hans Kruth ging es nicht so „einfach", wenn man überhaupt von „einfach" sprechen kann.
Das Boot lag in der Nähe von Treptow-Stralau- und galt es, mit List und Tücke dasselbe aus dem zum Abtransport zusammengestellten „Bootsgeschwader" herauszuholen, was ihnen beiden auch gelang. Die ihnen von den Russen nachgesandten Schüsse von der Oberbaumbrücke verfehlten ihr Ziel!
In mühevoller Arbeit während zweier Tage, wobei Kam. Herbert Wilke mit seinem Onkel Hans fast vor Hunger umgekommen wäre, gelangten sie mit dem Boot zum Stössensee.
Kam. Willi Jaenicke vermisste seinen 20qm Jollenkreuzer "Onkel Fritz". Durch Zufall erfuhr er, dass das Boot in Moorlake im Schilf gelegen haben soll. Er holte es von Potsdam ab, wo sich bereits ein „Eigner" gefunden hatte, der den Jollenkreuzer "kaufen" wollte.
Andere Kameraden hatten fiffigerweise ihre Boote angebohrt und absaufen lassen, andere lagen mit ihren Booten in Ketzin und Fahrland,- um vor den Bomben sicher zu sein!
Einige Kameraden waren „im Felde gefallen".----
Als dann die Engländer unser Grundstück beschlagnahmten, durften wir es nicht betreten. Die Boote der Kameraden Julius Gödeke, Erich Grimm und Max Holstein wurden enteignet und zu Spazierfahrten benutzt.
Nach einigen Jahren wurden die Boote wieder zurückgegeben und zwar im verwahrlosten Zustand.
Als wir Ende 1946 unser Clubgrundstück wieder "freibekamen", stellten wir fest, dass alles gestohlen war, wie das Klavier, Tischbillard, gr. Barometer (Bundes- Club- Preis) und mehrere Bilder und noch so manches Clubmaterial.
Wir standen vor dem Nichts.
Jetzt schaltete sich Kam. Erich Grimm ein, der sich sofort mit dem Sportamt in Verbindung setzte und unser Clubgrundstück für den Club sicherstellte.
Wir können ihm das nicht hoch genug anrechnen; denn es waren mehrere Interessenten da, die sich um das schöne Wassergrundstück bemühten. Die Schiebergeschäfte „blühten" damals.
Als Anerkennung für seine Aufopferung im Interesse des Club’s ernannte ihn nachträglich der Club zum Ehrenmitglied mit einer Ehren-Urkunde!
Eine „Flüsterparole" ging unter den Kameraden um, die zum größten Teil im „Yacht-Club Stössensee" Zuflucht genommen hatten, um nach welcher Kam. Erich Grimm das Grundstück für sich „gekauft" haben sollte.
Dass das nur eine üble Nachrede war, stellte sich bald heraus. Jedenfalls bedurfte es einiger Überredung meinerseits, um die Kameraden dazu zu bewegen, das Grundstück zu besichtigen und evtl. irgend etwas zu beginnen bezgl. Aufbau etc.
Die Frage des Aufbaus war schwieriger als wir uns vorstellten; denn unser Clubheim und auch der Schrankraum waren ein großer Bretterhaufen.
Kamerad Karl Rost, Hannes Baumgardt und ich begannen in dem besonders kalten Winter 1946/47 bei 14° Kälte und einem „Lagerfeuer" die Wände des Clubheim’s aufzurichten und zu „vernageln", so gut es eben mit dem unzureichenden Material möglich war.
Der Anfang war gemacht, es sprach sich „herum" und allmählich fand sich ein Kamerad nach dem andern auf dem Clubgelände ein.
Den Umkleide- und Schrankraum bauten wir auch bald wieder auf- und so konnte das Clubleben von neuem beginnen.
Unsere allmonatlichen Clubsitzungen fanden wieder statt und einige Kameraden beteiligten sich auch schon wieder an den offenen Wettfahrten, nachdem wir wieder als selbständiger Verein dem „Seglerverband" angeschlossen waren.
Der Segelsport blühte jetzt wieder.
Im Frühjahr 1948 wurde bei uns eingebrochen. Die Tür des Umkleideraums wurde „aufgeknackt" und viele Kleidungsstücke und Angelgeräte gestohlen- Segelmaterial nicht!
Der ehemalige Kam. Tau lag mit seinem Wohnschiff am Steg, aber er will von dem großen Krach, den das gewaltsame Aufbrechen mit einem Beil macht, nichts gehört haben.-?
Jedenfalls mussten wir nun eine Wache einführen, die wir sieben Jahre durchführten, bis wir das „Wacheschieben" satt hatten.
Alljährlich feierten wir auch wieder unser Sommerfest, bei dem es manchmal etwas turbulent zuging, weil der Alkohol etwas zu üppig" verkonsumiert" wurde.
So gingen die Jahre in der alten „Aufmachung" dahin, bis der Gedanke, eines neuen Clubhauses greifbare Form annahm.
Bis zu unserem 50 jährigen Bestehen des Club sollte das neue Clubhaus mindestens fertig sein!
Durch die Initiative unseres Kameraden Walter Knoche wurde der Bau „organisiert" und in teilweiser Gemeinschaftsarbeit fertiggestellt. Wir konnten jetzt 1952 unser Clubjubiläum im neuen Heim feiern mit einer Jubiläums-Regatta, an der einige Club’s der Gruppe Havel teilnahmen.
Im Frühjahr hatte ein großaufgezogener Jubiläums-Ball mit Beteiligung aller Havelvereine stattgefunden, zu welchem es dem Kam. Hannes Dannenhöver gelungen war, die Musik-Kapelle mit der bekannten Dirigentin Ingeborg von Streletzki zu engagieren!
Nach weiteren zwei Jahren dachten wir wieder mal an das Bauen. Da unser bisheriger Schrankraum nicht mehr so recht unseren Ansprüchen genügte und er äußerlich neben dem modernen Clubhaus nicht mehr gut passte, rissen wir ihn ab und ersetzten ihn durch einen Neubau, den wir durch die guten Beziehungen des Kam. Walter Knoche und in teilweiser Gemeinschaftsarbeit bald unter „Dach und Fach brachten.
Beide Neubauten hätten wir wohl kaum so „glatt" hinstellen können, wenn uns nicht unverzinsliche Darlehen der Totogesellschaft zur Verfügung gestanden hätten!
Es hätte noch manches gebaut und erneuert werden müssen, aber zunächst machten wir mal eine größere Pause; denn wenn die Gelder auch zinsfrei waren, so müssen sie aber doch in einem bestimmten Zeitraum zurück gezahlt werden. Wir konzentrierten uns jetzt wieder mehr auf das Sportliche und starteten ein paar Clubregatten als „Wettfahrt um die Pfaueninsel". Eine davon löste sich in einem Gewitter auf.
Unser „Ringelpiz" mit „Remmidemmi" vor dem An- und Absegeln feierten wir regelmäßig, auch das alljährliche Sommerfest, wie schon erwähnt.
Während wir früher unsere Clubsitzungen nur in Berlin in den „Germania-Sälen „abhielten, begannen wir 1937, auch im Sommer im Clubheim zu „tagen"- bis 1944.
Ab 1947 waren die Sitzungen im Sommer wieder im Clubheim, im Winter dagegen in Berlin in den verschiedenen Restaurant’s, bis wir erfuhren, dass uns das „Haus des Sports" für Sitzungen und sonstige Veranstaltungen zur Verfügung steht. Hier war schon mehrmals unsere „Weihnachtsfeier", bei der Kam. Julius Gödeke und Kam. Paul Schulz den Weihnachtsmann „machten".
Eines Tages machten wir die Feststellung, dass unser „Örtchen", seinerzeit vom Kam. Fritz Neumann in „Holzverschalung" erbaut, drohte, einzustürzen, was bei einer „Sitzung" wohl fatal gewesen wäre. - Es wurde abgerissen, nach dem der Neubau für „D"und „H" im beschleunigten Tempo „hingestellt" war, was aber auch wieder durch Kam. Walter Knoche"s Mithilfe möglich war.
Der Zaun war in den 30 Jahren inzwischen auch Ersatzbedürftig geworden, sodass wir ihn durch einen Beton-Sockel erhöhen und mit dem noch gut erhaltenen Material neu wieder aufstellen konnten- resp. mussten!
An zwei Wochenenden wurde das in Gemeinschaftsarbeit vollbracht unter der „Oberaufsicht" des Kam. Fritz Schulz. In dem selben Sommer wurde die Verlängerung des Steges mit neuen Heckpfählen in Auftrag gegeben und fertig gestellt. Außerdem befestigten wir unser Ufer mit Betonsteinen als Böschung, wodurch das Grundstück über einen Meter breiter wurde, also ein Plus für die „Winterlager-Frage"!
Im Jahre 1959 wurde das Eingangstor, welches aus Holz bestand, durch ein eisernes mit gemauerten Pfeilern ersetzt. Eine Sprech-Anlage wurde mit eingebaut, nicht allein für die Kameraden, die mal ihre Schlüssel vergessen haben!
Wenn wir nur noch den Zaun an der Nordseite mit einem Betonsockel erneuern, was im Sommer 1960 geschehen soll, dann haben wir nach so vielen Jahren jetzt etwas Endgültiges für unseren "Segel-Club Ober-Havel" geschaffen zur Freude und Zufriedenheit aller Kameraden.
Dass das erst nach über 50 Jahren der Fall sein konnte, lag an den vielen mißlichen Umständen, wie in dieser „Geschichte" erzählt wurde; denn an dem guten Willen hat es nie gefehlt.
Hiermit möchte ich nun die „Geschichte des Segel-Club Ober-Havel" abschließen mit dem Wunsch, dass unser Club noch recht lange im Sportsgeist blühen und gedeihen möge!
In diesem Sinne Goode Wind, Ahoi!
Berlin Pichelsberg, den 25. November 1959.
Gez. E. Retzlaff
Am 9. März 1957 ernannte mich der Club mit dem Überreichen der Ehren-Urkunde und des Kommodore –Standers zum Kommodore des
„Segel-Club Ober-Havel".
Zu dem großen Ölgemälde im Clubheim, welches ich dem "Segel-Club Ober-Havel" im Jahre 1952 zum Jubiläum des 50 jähigen Bestehens schenkte, muß ich nachträglich hier einiges sagen, weil die Tatsache der Darstellung" in natura" teilweise angezweifelt wird.
Bei näherem Betrachten stellt man fest, dass das Wetter aufklart- mit blauem Himmel und leichten Wolken in der Ferne.- Die Welle läuft noch längere Zeit, aber schon mit weniger Kraft.- Der Sturmist bis auf etwa 9-10 Sekm." abgeflaut", sodass eine größere, seefähige Segelyacht mit den unten angegebenen Abmessungen ohne Gefahr diesen Raumschoots-Törn von ca. 2-3 Stunden ablaufen kann.
Selbstverständlich mit einem "handfesten" und see-erfahrenen Steuermann und ebensolcher Mannschaft.
Der Kutter(mit „gestrichener" Stenge) ist 18m lang, 3,60m breit und hat einen Tiefgang von 2,50m mit einem Ballastkiel von 6 Tonnen und 140qm Segelfläche.
Die Darstellung zeigt ein gerefftes Großsegel und zwei kleine Vorsegel, um den Ruderdruck auszugleichen, mit einer Gesamtsegelfläche von etwa 75qm .
Der „Wahlspruch" vor dem Beginnen der Arbeiten zu dem Gemälde lautete im Einvernehmen mit unserem damaligen Vorsitzenden Kam. Julius Gödeke:
„Mit vollen Segeln in die Zukunft, trotz allem!"

  • Übersicht der Daten des „S.C.O.H. seit der Gründung im Jahre 1902.
  • 1902-1907 fehlen alle Aufzeichnungen.
  • 1908 19Mitglieder 11 Boote Vorsitzender: Gustav Lewark +
  • 1909 25 „ 15 „ „ August Kreckow +
  • 1910 35 17 August Kreckow
  • 1911 47 16 August Kreckow
  • 1912 63 25 August Kreckow
  • 1913 72 32 August Kreckow
  • 1914 73 27 „ 1.Weltkrieg „ August Kreckow
  • 1915 Vorsitzender August Kreckow
  • 1916 24 Boote August Kreckow
  • 1917 29 August Kreckow
  • 1918 98 Mitglieder 49 Richard Schulz +
  • 1919 102 46 Georg Albrecht +
  • 1920 104 50 August Kreckow+
  • 1921 92 44 August Kreckow
  • 1922 87 39 Emil Geisler +
  • Bis 1929 Vorsitzender Emil Geisler+
  • 1930 Hans Vielehr
  • 1931-1937 Richard Haeseke
  • 1938 Hermann Madaus
  • 1939-1945 Zerstörung im 2. Weltkrieg „ i.v. Erich Kolwa
  • 1945-1946 Beschlagnahme des Grundstückes- englische Besatzung
  • 1947 Vorsitzende Erich Grimm
  • 1948 Karl Rost
  • 1949 Erich Grimm
  • 1950-1955 34 Mitglieder 30 Boote Julius Gödeke
  • 1956-1957 Hannes Dannenhöfer
  • 1958 Hannes Dannenhöfer
  • 1959 32 Boote Fritz Schulz
  • 1960 „